Home / 12. Kapitel: Das Fest

Der kleine grüne Frosch drehte sich um, um zu sehen warum die Tal-Ente so sprachlos war. Als er den großen Bären erblickte, wusste er aber selber auch nicht, was er sagen sollte. So sprach der Bär als Erster, als er bei den beiden angekommen war:
„Guten Tag liebe Tal-Ente! Wir haben dich gehört, wie du quakend auf dem Bach bergab geschwommen bist, und wollten nachsehen, wie es dir geht.“ Da erkannte die Tal-Ente die Waldmaus und das Eichhörnchen auf dem Kopf des Bären. Auf seinem Rücken saßen auch die drei Murmeltiere.
„Bär! Und Waldmaus! Eichhörnchen, schön dich wiederzusehen. Und ihr Murmeltiere seid auch hier! Das ist ja eine tolle Überraschung! Ich freue mich, euch zu sehen! Mir geht es gut! Hier neben mir ist mein Freund der Frosch. Er hat auf das Tal geachtet, als ich unterwegs war.“
„Guten Tag!“, quakte jetzt auch der Frosch, der merkte, dass der Bär gar nicht so gefährlich war, wie er immer gedacht hatte. Er hatte ja all die anderen Tiere auf seinem Rücken reiten lassen, damit sie nicht den weiten Weg laufen mussten. So setzte sich der braune Bär neben die Tal-Ente in die Wiese und die anderen Tiere konnten bequem von seinem Rücken auf die Wiese herunterrutschen.
„Ich freue mich wirklich sehr, dass alle Tiere, die ich auf meiner Reise getroffen habe, zu mir ins Tal gekommen sind! Wobei… Nein, der Adler fehlt, aber er muss wahrscheinlich seine Eier ausbrüten.“, meinte die Tal-Ente.
Entsetzt und ängstlich piepste die Waldmaus: „Der Adler soll nur da oben bei seinem Nest bleiben, den brauche ich hier nicht!“ Allein bei dem Gedanken an einen Adler begannen auch die drei Murmeltiere ängstlich zu pfeifen.
„Keine Sorge, er ist ja nicht gekommen!“, beruhigte die Tal-Ente die anderen Tiere wieder. „Und ich bin mir sicher, er hätte euch nichts getan, denn auch er ist mein Freund geworden. Aber ich finde, jetzt, wo ihr alle gekommen seid, könnten wir doch ein Fest feiern!“
„Au ja, und dann erzählst du uns von deiner Reise!“, rief das Eichhörnchen fröhlich mit heller Stimme.
„Oh ja, das ist eine super Idee!“, riefen die neugierigen Murmeltiere, der Bär nickte zustimmend und der Frosch machte ganz große Augen.
Sie setzten sich am Ufer des Sees in den Schatten eines großen Baumes. Kaum saßen sie, schon rief die ungeduldige Waldmaus: „Erzähl‘ schon, was hast du alles erlebt?“
Die Tal-Ente musste grinsen, denn so viel Aufmerksamkeit hatte sie zuvor noch nie bekommen. Sie räusperte sich und begann dann, von ihren Abenteuern zu erzählen.
Zuerst schilderte sie wie unglücklich und einsam sie vor ihrer Reise war.
„Aber jetzt weiß ich, dass ihr alle in meiner Nähe seid, ich bin nicht mehr alleine!“ Die anderen Tiere nickten glücklich.
„Als erstes traf ich dich, lieber Frosch. Gemeinsam haben wir gesungen, das hat wirklich Spaß gemacht!“
„Ja, und du kannst auch wirklich gut singen! Ich glaube das hast du sogar zum ersten Mal gemacht, oder?“, fragte er.
„Ja da hast du Recht.“
„Bitte singt uns doch etwas vor!“, riefen die drei Murmeltiere gemeinsam und auch der braune Bär freute sich schon darauf. So sang der Frosch mit der Tal-Ente ein Froschlied, das nicht so schwer war. Bald sangen die anderen Tiere begeistert mit und klatschten zur Melodie. Schließlich betonten sie, dass die Tal-Ente tatsächlich eine schöne Stimme habe und schön singen kann.
„Singen ist eben dein Talent!“, quakte der Frosch.
Da war die Tal-Ente ganz gerührt und freute sich sehr. Doch gleich erzählte sie weiter:
„Vom Frosch aus ging ich zum herbstlichen Wald, folgte dort einem Pfad und kam an eine Lichtung. Da traf ich die Waldmaus.“
Die kleine Waldmaus nickte und piepste:“ Zum Glück kam sie zu mir, denn die Tal-Ente hat mir sehr geholfen. Ich konnte nämlich kaum einschlafen, aber du, liebe Tal-Ente, du hast mir so eine schöne Gute-Nacht-Geschichte erzählt, dass ich mich wirklich entspannen konnte und eingeschlafen bin.“
„Es freut mich sehr, dass ich dir helfen konnte. Aber eigentlich wusste ich davor nicht, dass ich überhaupt Geschichten erzählen kann.“
Die Waldmaus sagte fröhlich: „Oh ja, das kannst du. Du bist sehr einfühlsam und hast viel Fantasie. Ich würde sagen, dass das auch deine Begabungen sind.“
Die Waldmaus sah, dass die anderen Tiere zustimmend nickten und freute sich für die Tal-Ente.
Das Eichhörnchen fragte neugierig: „Und wen hast du als nächstes kennengelernt?“
„Lustig dass du fragst, Eichhörnchen!“, schmunzelte die Tal-Ente. „Nach der Waldmaus habe ich dich getroffen. Ich habe gemerkt, dass ich auch manche Dinge nicht kann, zum Beispiel Rechnen, nicht wahr?“
„Ja, Tal-Ente, es stimmt, ich bin besser im Rechnen. Aber wie ich es dir schon gesagt habe, Rechnen muss man viel üben. Wenn ihr wollt machen wir nachher gemeinsam ein paar Rechenaufgaben, vielleicht ist jemand von euch besser als ich!“
„Ja das machen wir!“, riefen die Tiere durcheinander.
„Aber erzähl erst deine Geschichte fertig!“, bat der Frosch.
„In Ordnung. Also nachdem ich das Eichhörnchen getroffen hatte lief ich noch relativ lange durch den Wald. Ich begegnete niemandem, außer ein paar Bienen. Plötzlich stand ich vor einer Weggabelung, aber ich wusste nicht, ob ich den rechten oder den linken Pfad nehmen sollte. Ich wusste ja nicht, welcher Weg zur Berg-Ente führte. Ich hatte aber ein starkes Bauchgefühl, das mir sagte, dass ich dem rechten Weg folgen sollte, ich musste nur auf das Gefühl hören. Das war auch die richtige Entscheidung, denn schließlich bin ich ja auch bei der Berg-Ente angekommen. Man sollte immer auf sein Bauchgefühl, auf seine innere Stimme, hören! Das habe ich dabei gelernt. Na ja, aber das Tier, das ich als nächstes traf ist auch nicht hier bei uns – zum Glück!“
„Welches Tier war es denn?“, fragte ein Murmeltier.
„Es war der Fuchs.“
„Oh nein!“, rief die Waldmaus, die große Angst vor dem Fuchs hatte und fragte: „Was ist passiert?“
„So wie der Fuchs eben ist wollte er mich fressen und hat mich gejagt. In meiner Not bin ich davongerannt, über die Klippe gesprungen und bin tatsächlich geflogen! Ich bin noch nie geflogen aber plötzlich konnte ich es.“
Die anderen Tiere waren beeindruckt und erleichtert, dass der Tal-Ente nichts Schlimmes zugestoßen war.
„Ich bin also bergauf geflogen, landete dort, erholte mich von dem Schreck und traf bald darauf den Bär.“
Der Bär brummte zufrieden, bei dem Gedanken an das erste Treffen mit der Tal-Ente.
„Lieber Bär, ich weiß du hast es nicht böse gemeint, aber du hast mich ein wenig aufgeregt, schließlich schliefst du genau auf dem Weg, dem ich weiter folgen wollte. Aber ich kam nicht an dir vorbei, also sprach ich dich an. Damit ich an dir vorbei durfte, musste ich dir ein Gedicht aufsagen.“
Der Bär sah sie an und meinte: “Ach Tal-Ente, das Gedicht war so toll! Meinst du, du kannst uns hier auch ein Gedicht aufsagen?“
„Au ja!“, rief das Eichhörnchen.
„Das wäre wirklich toll, wir haben noch nie ein Gedicht gehört!“, riefen die Murmeltiere aufgeregt.
„Okay, okay. Ich überlege mir etwas.“
Die Tal-Ente besann sich kurz, dann sprach sie mit lauter Stimme:

Ich bin sehr, sehr weit gegangen,
der Fuchs hätt‘ mich fast gefangen.
Ich begegnete euch allen –
bei euch hat es mir gefallen!
An mir hab‘ ich Talent entdeckt,
das hab‘ ich wohl in mir versteckt.
Ihr habt mir geholfen es zu sehen –
es war gut, so weit zu gehen!

„Bravo! Super!“, die Tiere klatschten Beifall und die Tal-Ente verbeugte sich zum Dank.
„Und wen hast du nach mir kennengelernt?“, wollte der Bär wissen.
„Nach dir begegnete ich euch Murmeltieren. Das heißt, eigentlich hörte ich nur eure Pfiffe. Ihr armen Tierchen ward in eurem Bau und hattet Angst vor mir, weil ihr nicht wusstet, wer ich bin.“
Ein Murmeltier erklärte den anderen Tieren, dass die Pfiffe eine Warnung an die anderen Murmeltiere waren.
„Die Tal-Ente hätte ja auch gefährlich sein können. Manchmal kommt auch der Fuchs bei uns vorbei, und da wir deine Stimme nicht kannten, habe wir die anderen Murmeltiere vorsichtshalber mit Pfiffen gewarnt.“
„Das war auch richtig so!“, quakte die Tal-Ente und erzählte weiter. „Weil es schon später Nachmittag war und ich noch bei Tageslicht oben bei der Berg-Ente ankommen wollte, konnte ich leider nicht lange bei euch bleiben. Ich watschelte weiter und traf den Adler. Zunächst hatte ich große Angst vor ihm, weil er so groß war und mich so gefährlich ansah, aber dann stellte sich heraus, dass er nur besorgt um seine beiden Adlereier war, die er ausbrütete.
Wir unterhielten uns kurz und merkte, dass der Adler sehr selbstsicher und auch angeberisch war.“
Die Waldmaus sah sie verwundert an und fragte: „Warum denn angeberisch?“
„Na ja, der Adler gab damit an, dass er so gut fliegen kann. Als er erfuhr, dass ich bist dort hinauf gewatschelt war, und nicht geflogen, lachte er mich lauthals aus. Das hat mich schon etwas gekränkt. Darum erklärte ich ihm, dass ich dafür gut schwimmen kann, was der Adler aber nicht kann. Wir einigten uns schließlich darauf, dass jeder mal etwas gut und mal etwas anderes nicht so gut kann.
Wie gesagt, ich denke er brütet friedlich seine Eier aus, deshalb ist er nicht heruntergekommen. Jedenfalls erreichte ich müde und erschöpft endlich mit Einbruch der Nacht die Berg-Ente.“
„Und, wie habt ihr euch verstanden?“, wollte der Frosch gleich wissen.
„Es ist schwierig das zu erklären. Die Berg-Ente ist ganz anders als ich. Zum Beispiel ist sie auf den Berg gezogen, weil sie dort in Ruhe und Stille leben kann, ich brauche Freunde um mich herum. Wir haben kaum geredet und wussten beide, dass wir sehr unterschiedliche Enten sind. Außerdem habe ich ja euch auf meiner Reise kennengelernt. Mit euch verstehe ich mich besser!“, quakte die Tal-Ente fröhlich, und meinte zufrieden:
„Ich bin jedenfalls froh, dass ich diese Reise gemacht habe. Es war zwar auch gefährlich, aber ich habe so viele nette Tiere kennengelernt, dass sich der weite Weg wirklich gelohnt hat! Ja, und dann bin ich den Bach herunter geschwommen und hier bin ich wieder!“
Der Bär sprach begeistert: „Da hast du ja wirklich viel erlebt, Tal-Ente!“
Die Tal-Ente antwortete ihm lächelnd: „Ja, aber ich habe mich auch besser kennengelernt. Ich weiß jetzt besser als davor, was ich kann und was ich nicht so gut kann. Ich bin sogar ein bisschen stolz auf mich.“
„Das kannst du auch wirklich sein!“, sagte das Eichhörnchen. „Du hast dir etwas zugetraut, du hast dich auf den Weg gemacht. Mutig bist du auf jeden Fall! Und du hast gemerkt, dass du als Ente nicht umbedingt nur eine Ente als Freund haben kannst. Es ist wichtig auf alle offen und freundlich zuzugehen! Na ja, außer vielleicht auf den Fuchs!“
Die anderen Tiere nickten schmunzelnd.
Das Eichhörnchen sprach weiter: „Wenn du jetzt mit Erzählen fertig bist und ihr alle Lust habt, können wir ja ein Rechenspiel machen!“
„Warum nicht? Probieren wir es aus!“, riefen die Murmeltiere und die anderen Tiere stimmten zu.
Sie sammelten schnell einige Steine und setzten sich in einen Kreis. Das Eichhörnchen verteilte die Steine, jeder hatte unterschiedlich viele. Die Aufgabe war nun, erst mit dem rechten Sitznachbarn die Steine zusammen zu zählen, und danach mit den linken Sitznachbarn. Wer sich verrechnet muss einen Stein abgeben, dann sollten die Tiere wild durcheinander die Plätze tauschen. Wer schließlich keinen Stein mehr hat, hat verloren. Allen gefiel das Spiel, auch deshalb, weil sie sich so alle ein bisschen besser kennenlernten und plaudern konnten.