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6. Kapitel: In Gefahr!

Die Tal-Ente hatte sich also für den rechten Weg entschieden und folgte ihm. Der Weg wurde steiniger und nach kurzer Zeit ging es auch immer steiler bergauf, so dass die Tal-Ente darauf achten musste, dass sie mit ihren großen, platten Watschelfüßen nicht stolperte und hinfiel. Außerdem wurde der Tal-Ente immer wärmer, weil sie bergauf laufen musste und weil der schattige Wald nun hinter ihr lag. Als sie eine ebene Fläche erreichte, war sie froh, dass sie etwas durchschnaufen konnte. Doch während sie dem Weg weiter folgte, fiel ihr auf, dass sie ganz alleine war. Sie dachte ängstlich:
„Hoffentlich passiert mir nichts. Hier könnte mir niemand helfen.“
Die Tal-Ente dachte an ihre Eltern, die wahrscheinlich vom Fuchs gefressen worden waren. Aber diese Gedanken halfen ihr nicht.
„Ich passe einfach gut auf mich auf. Außerdem bin ich schon so weit gekommen! ich werde mein Ziel erreichen und die Berg-Ente besuchen. Es wird schon alles gut gehen.“, dachte sie und beruhigte sich wieder.
Sie bog um eine Wegbiegung und blieb stocksteif stehen. Der Feind aller Enten stand vor ihr!
„Oh, eine Ente, was tust du denn hier? Willst du etwa zu mir?“, fragte der rote Fuchs lauernd und kam einen Schritt auf sie zu.
Die Tal-Ente sah ihn entsetzt an. Sie wusste genau, dass Füchse Enten jagten, sie hatten sie regelrecht zum Fressen gern!
Ihr Herz schlug rasend schnell und sie hatte riesige Angst. Was sollte sie jetzt tun? Und sie wusste überhaupt nicht, ob und was sie dem Fuchs antworten sollte. Unauffällig sah sie sich nach einem Versteck um und wich dem furchteinflößenden Fuchs rückwärts aus. Doch sie entdeckte keinen Ort, an dem sie sich in Sicherheit bringen konnte. Was sollte sie nur tun?
Der Fuchs ging auf samtweichen Pfoten langsam und bedrohlich auf sie zu. Er sah ihr direkt in die Augen. Genüsslich und siegessicher schleckte er sich über das Maul und die Tal-Ente wusste, er wollte sie fressen! Wohin sollte sie laufen?
So schnell sie konnte rannte die Tal-Ente los. Der Fuchs war überrascht, dass die Tal-Ente weglief und folgte ihr deshalb nicht sofort. Doch dann machte er wirklich Jagd auf sie. Die Tal-Ente lief mit ihren platten Watschelfüßen so schnell sie konnte. Und es gab nur eine einzige Möglichkeit! Sie musste in den Abgrund springen und hoffen, dass ihre Flügel plötzlich wissen, wie man fliegt!
Panisch rannte die Tal-Ente auf eine Klippe zu. Vor ihr lag nur noch der tiefe Abgrund, an dem der Berg endete. Sie fasste allen Mut zusammen, rannte weiter auf die Klippe zu, schloss die Augen und sprang.

„Hilfeeee“, schrie die Tal-Ente. Sie fiel, sie hatte große Angst und alles ging so schnell!
Doch dann bewegten sich ihre Flügel ganz von alleine, sie konnte gar nicht anders, als zu fliegen. Ihre Flügel schlugen auf und ab, auf und ab, immer wieder. Sie flog höher und immer höher. Und als sie sich kurz umsah, erkannte sie unter sich den Fuchs, der fuchsteufelswild an der Klippe stand und schimpfte, weil sie ihm entkommen war.
Die Tal-Ente war in Sicherheit! Und sie flog! Zum ersten Mal in ihrem Leben!
Überglücklich und erleichtert flog sie in die Höhe. Es fühlte sich einfach himmlisch an und der Wind pfiff ihr nur so um den Schnabel. Sie flog, als hätte sie nie etwas anderes getan.
„Ich hab’s wirklich geschafft! Ich bin dem Fuchs entkommen!“, rief sie erleichtert. „Aber es war sehr knapp!“.
Allmählich wurden ihr die Flügel schwer, denn es war ganz schön anstrengend zu fliegen. Das war die Tal-Ente ja nicht gewohnt.
In sicherer Entfernung vom Fuchs landete sie auf dem Berg auf einer Wiese und atmete tief durch.
Sie war sehr erschöpft. Ihr Herz klopfte wie verrückt aber sie war stolz auf sich.
„Ich bin tatsächlich geflogen!“, seufzte sie. „Ich dachte immer, ich kann das nicht, weil es mir ja niemand beigebracht hat, aber irgendwie habe ich es ganz automatisch gemacht, ohne viel darüber nachzudenken. Und hätte ich mich nicht getraut in den tiefen Abgrund zu springen, hätte mich bestimmt der Fuchs gefressen! Ich bin so froh, dass es mir gut geht!“
Als sich die Tal-Ente erholt hatte watschelte sie weiter bergauf. Bei ihrer Flucht war sie ein gutes Stück den Berg hinauf geflogen, so dass sie jetzt schon um einiges höher war.
Doch was wäre nur gewesen, wenn ihr wirklich etwas passiert wäre? Der Frosch wartete doch im Tal auf sie, er hätte sich sicherlich furchtbare Sorgen um sie gemacht, wenn sie nicht zurückgekommen wäre.
„Aber es geht mir gut.“, beruhigte sich die Tal-Ente. „Ich hatte Glück im Unglück. Mein Mut zu fliehen und das Vertrauen darauf, dass ich Fliegen kann hat mir mein Leben gerettet. Und nun gehe ich schnell weiter, schließlich will ich die Berg-Ente noch heute erreichen. Fliegen will ich erst einmal nicht mehr, das finde ich viel anstrengender als Watscheln.“